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Sonntag, 25. Juni 2023

Wir haben eine Wahl

Beim Brötchenkauf beginnt die Wahlfreiheit schon mit der Tüte
Sonntagmorgen, 8:37 Uhr, irgendwo in Deutschland. Eine Schlange von elf Menschen vor der örtlichen Bäckerei. Die Verkäuferinnen arbeiten zu zweit die Wünsche der Kundschaft ab. Es geht zügig voran. Tüte für Tüte werden Brötchen und Brot über den Tresen gereicht. In den bekannten braunen Bäckertüten. Der zwölfte Kunde lässt sich von der Bedienung seinen Jutebeutel füllen. "Darauf geben wir zehn Prozent", sagt die Verkäuferin. "Aber Sie sind der Erste heute." Bei zehn Brötchen gibt es eines kostenlos, wenn man nur einen eigenen Beutel verwendet. Weshalb nimmt kaum jemand dieses Angbebot an?

Vor der Tür halten zwei Männer einen kurzen Sonntagsplausch. Beide haben eine große, gut gefüllte Bäckertüte im Arm. Sie tragen kurze Hosen und Sonnenbrillen, wirken entspannt. "Seit sechs Wochen kein Regen", sagt der eine. "Die Hitze wird langsam unerträglich." Darauf der andere: "Und was unternimmt die Regierung gegen den Klimawandel?" Der erste: "Nichts. Das ist doch alles nur Gerede." Sie winken sich zufrieden mit ihren Bäckertüten zu und gehen auseinander.

Kleinigkeiten wie Brötchentüten fallen kaum auf

Eine Alltagsgeschichte, wie sie sich vermutlich tausendfach in Deutschland ereignet. Die Menschen bemerken nicht die Ironie. Sie unterscheiden zwischen verschiedenen Welten: Ihre Privatwelt, in der es um persönliches Wohlbefinden geht und die Umwelt, die den Rahmen für das eigene Glück setzt. Dabei wird alles, was schief läuft, der Umwelt zugeschrieben. Konkret: Den Klimawandel muss die Politik stoppen. Dafür gibt es schließllich Wahlen, mit denen die Privatwelten der Umwelt den Auftrag geben, alles zu regeln. Für die nächsten vier Jahre erledigt. 

Kleinigkeiten wie Brötchentüten fallen den wenigsten Menschen auf. Auch wenn es einen Anreiz gibt und obwohl viele sich über steigende Preise aufregen. Zwischen Reden und Handeln klafft eine riesengroße Lücke. Selbst an den Kassen der Supermärkte werden immer noch Tüten verlangt, auch wenn inzwischen für sie bezahlt werden muss. Den Menschen ist das gleichgültig.

Keine Wahl?

Laut Statista stieg der Verbraucherpreisindex für vorgebackene Brötchen in Deutschland im Jahr 2021 um etwa 6,12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Viele beklagen sich darüber. Es ist ein Thema bei Gesprächen. Wie kann die Umwelt das nur zulassen? Gekauft wird trotzdem. "Wir haben doch keine Wahl", sagen die Menschen.

Doch wie das Beispiel mit den Brötchentüten zeigt, muss es heißen: Sie nutzen ihre Wahlmöglichkeiten nicht. Warum? Vielfach aus Gewohnheit. Es war schon immer so, es muss so bleiben. Dann natürlich aus Gedankenlosigkeit. Was kann ich beim Bäcker schon groß ändern? Dabei könnte eine Vielzahl kleiner Achtsamkeiten viel bewirken. In diesem Fall hätte die Masse einen positiven Einfluss auf die Umwelt. 

Masse hat einen ungeheuren Einfluss

Es sind Gewohnheit und Gedankenlosigkeit, zu der auch mangelnde Neugier zählt, die einen erheblichen Anteil an den Schwierigkeiten im gesellschaftlichen Zusammenleben bis hin zum Klimawandel verursachen. Jeder lebt sein Leben. Grundsätzlich aneinander vorbei. Andere spielen nur eine Rolle, insoweit sie in das eigene Leben integriert werden. Familie oder Freunde. Aber keiner will auf seine Brötchentüte für die Umwelt verzichten. Viel zu abstrakt. Was ist das schon - diese Umwelt?

Die Frage lässt sich einfach beantworten: Die Umwelt, das sind wir in unserer Gesamtheit als Masse Mensch. Aus einer Brötchentüte wird also schnell an ganzer Berg Abfall. Zum Beispiel lassen sich die Einweg Kaffeebecher, die unsere Gesellschaft in einem Jahr verbraucht, bis zum Mond stapeln. Pro Stunde sind es etwa 320.000 Einwegbecher. Masse hat einen ungeheuren Einfluss - auch wenn sie nur aus vielen einzelnen Menschen besteht, die alle das Gefühl eint, keine Wahl zu haben.

Wir sind Teil der Entwicklung und können Einfluss nehmen

Woher kommt dieses Gefühl, das in dem oft gehörten Argument gipfelt: Selbst wenn wir die Umwelt entlasten, verseuchen die Chinesen und Amerikaner doch die Natur weiter. Vielleicht daher, weil wir dem menschlichen Erfindergeist und der umsetzenden Wirtschaft immer einen Schritt hinterher zu hinken meinen. Beispiele Internet, Onlinehandel und ganz neu künstliche Intelligenz. Das alles wird der Gesellschaft übergestülpt - meinen wir. Doch schauen wir genau hin, stellen wir fest: Jeder von uns ist Teil dieser Entwicklung. Entsprechend können wir Einfluss nehmen. 

Eigentlich. In Wirklichkeit nutzen wir die Angebote freudig und gedankenverloren, sobald sie ihre Massentauglichkeit erreichen. Wir sehen, wie der Onlinehandel den stationären Einzelhandel verdrängt und die Innenstädte allmählich veröden. Aber anstatt in der Nachbarschaft einzukaufen und dabei neue Leute kennenzulernen, bestellen wir im Wohnzimmer Waren aus aller Welt. 

Wir haben sehr wohl eine Wahl. Sie beginnt beim Brötchenkauf. Also: Eigenen Beutel einstecken und in der Schlange andere darauf aufmerksam machen, dass es nicht jedesmal eine neue Papiertüte sein muss. Und wenn wir schon dabei sind, können wir unser nächstes Buch auch beim örtlichen Händler bestellen. Das macht viel mehr Spaß, als mit ein paar Klicks eine anonyme Logistikkette in Gang zu setzen. Versprochen.

Sonntag, 28. Mai 2023

Zeitfresser - und wie sie eingedämmt werden

Wenn es ihn leibhaftig gebe, könnte dies die Abbildung eines Zeitfressers sein
Die Zeit ist ein seltsames Phänomen. Beim Pysiker Albert Einstein wird sie zur Raumzeit, kann schneller oder langsamer vergehen. Sie ist relativ. Allerdings tritt dieser Effekt nur bei hohem Tempo an der Grenze zur Lichtgeschwindigkeit ein. Im alltäglichen Leben auf der Erde spielt er also keine Rolle. Obwohl Menschen ständig das Gefühl haben, die Zeit vergehe zu schnell oder viel zu langsam.

Woher kommt dieses ganz und gar subjektive Gefühl? Nun, Biologen behaupten, dass die Zeit mit zunehmendem Alter tatsächlich schneller vergeht. Eine überzeugende Erklärung haben sie dafür bisher nicht gefunden. Die These stimmt allerdings auffällig mit der menschlichen Erfahrung überein, dass die Zeit im Alter kaum noch festzuhalten ist.

Zeitfresser saugen Lebenszeit

Abgesehen von wissenschaftlichen Theorien gibt es das Phänomen der stillstehenden und der davonlaufenden Zeit. Für manche vergeht zum Beispiel eine Opernaufführung im Schneckentempo, während ein Fußballspiel im Nu vorbeigeht. Bei anderen zieht sich die Vorfreude auf eine lange geplante Feier ewig hin und der eigentliche Anlass rauscht dann nur so vorbei. In beiden Fällen kommt es darauf an, wie die Zeit wahrgenommen wird. Wer andauernd auf die Uhr schaut, wird kaum ein Voranschreiten der Zeiger bemerken. Genießt jemand dagegen was er gerade erlebt, nimmt er Zeit nicht wahr und wundert sich irgendwann, wie schnell sie verfliegt.

Das Schlimmste jedoch, was jeder mit seiner Zeit angfangen kann, ist, sie sinnlos zu verplempern. Wobei natürlich auch dies ein sehr subjektives Gefühl sein kann. Oft entsteht es, wenn ein Mensch auf der Stelle tritt. Wer fünf Stunden spielt, hat möglicherweise kurzfristig eine gute Zeit, bewegt dabei aber nicht viel für sein Leben. Daraus kann eine Leere entstehen, die Unzufriedenheit schafft. 

Da war ein Zeitfresser am Werk und saugt an der Lebenszeit seines Opfers. Zu dramatisch? Überhaupt nicht. Ein Blick auf den Wochenbericht des eigenen Smartphones oder Computers reicht aus, um die große Relevanz zu erkennen, die ein gutes Zeitmanagement hat. 

Natürlich ist es in Ordnung, eine spannende Serie in einem Rutsch durchzuschauen. Aber danach sollte der Fernseher zumindest ein paar Tage schlummern. Denn am meisten Zeit im Leben kosten Gewohnheiten.

Fünf Tipps, Zeitfresser einzudämmen

Diese Tipps sind nur für diejenigen interessant, die das Gefühl haben, mit zu wenig Zeit auskommen zu müssen. Alle anderen verfügen über ein gutes Zeitmanagement, an dem sie nichts verändern sollten. Wer allerdings glaubt, seine eigenen Ziele nicht zu erreichen, kann sich an dieser Stelle durchaus über seine Prioritäten Gedanken machen.

1. Zeitfresser identifizieren

Es ist gar nicht so einfach, die Zeitfresser im eigenen Leben ausfindig zu machen und richtig zu benennen. Das liegt daran, dass für den einen Zeitverschwendung ist, was für den anderen eine wichtige Ressource darstellt. Computerspiele können zur Entspannung und Kreativität beitragen oder auch eine große Verschwendung von Lebenszeit darstellen. Es kommt darauf an, wer mit welchen Absichten und welcher Intensität unterwegs ist. Keine Tätigkeit ist per se gut oder schlecht. Daher ist es wichtig, sich selbst genau zu beobachten. Bei welcher Beschäftigung und ab welcher Dauer werde ich unzufrieden - und weshalb? Ist es das Fernsehen oder der Spaziergang? Die Unzufriedenheit bei gewissen Tätigkeiten kann ein Indikator sein, dass diese Beschäftigung ein Zeitfresser ist.

2. Liste führen

Sind die vermeintlichen Zeitfresser identifiziert, gilt es, sie genau kennenzulernen. Wann greife ich auf diese Zeitfresser zurück und warum? Konkret: Sehe ich mir Serien zur Entspannung nach einem langen Arbeitstag an oder in meiner Freizeit, weil ich mich ablenken oder vor manchen Aufgaben drücken will? Wenn ich weiß, weshalb ich die Zeitfresser in mein Leben lasse, kann ich besser auf sie reagieren.

3. Ohne Ärger mit den Zeitfressern auskommen

Ein wichtiger Schritt. Wer zunächst akzeptiert, dass es manchmal im Leben einen gewissen Leerlauf gibt, ohne sich darüber zu ärgern, nimmt den Zeitfressern schon viel von ihrer Macht. Denn Ärger über das eigene Verhalten bedingt Frust, der zu dem Bedürfnis von Entspannung und Ablenkung führt - was den Zeitfressern Tür und Tor öffnet. Also: Erst einmal zulassen, dass es Zeitfresser im eigenen Leben gibt und sich nicht darüber aufregen. Durchatmen und entspannen.

4. Zeitfresser sich selbst überlassen

Ablenkung kann süchtig machen. Darum muss sie auch langsam heruntergefahren werden. Was hilft dabei? Die Ziele und Visonen für das eigene Leben scharf zu kontuieren. Sich klar machen, wie die Lebenszeit sinnvoller eingesetzt werden kann, als Tag für Tag Zeitfresser zu füttern.

5. Das eigenen Leben selbst in die Hand nehmen

Lernen, aus Zeitfressern Verbündete zu machen, die dabei helfen können, die eigenen Ziele und Visionen umzusetzen. Denn in Maßen Fernsehen oder am Computer spielen, Spaziergänge machen, Feiern oder auch einfach nur auf dem Sofa liegen, entspannt und schafft Freiraum für neue Gedanken. So verlieren Zeitfresser ihren Schrecken und helfen sogar dabei, das eigene Leben sinnvoll zu gestalten.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Zeitfressern? Wie gehen Sie mit ihnen um? Schreiben Sie einen Kommentar mit Ihren persönlichen Erfahrungen!