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Samstag, 24. Juni 2023

Verzettelt

Diogenes wollte nur Sonne und verzichtete auf materielle Gunst
Kennen sie das auch: Jeder Menge Aufgaben liegen vor ihnen und sie haben keinen Plan, wie sie alle erledigen sollen? Die Gegenfrage lautet: Wer kennt das nicht? Angefangen bei Schülern über Studenten und Arbeitnehmern bis zu Rentern. Irgendwie hat jeder das Gefühl, von Jahr zu Jahr mehr erledigen zu müssen. Aber stimmt das?

Verzetteln heißt, sich zu verlieren

Es scheint zumindest kein Thema für eine philosophische Betrachtung zu sein. Doch nur auf den ersten Blick. Dann wird schnell klar: Wie jemand mit der Vielfalt an Aufgaben umgeht, die er zu bewältigen hat, hängt von der inneren Haltung ab, die wiederum die Persönlichkeit widerspiegelt und das eigene Weltbild. Wer in seinen Aufgaben versinkt, empfindet vielleicht das Leben wie ein Labyrinth. Verzetteln heißt, sich verlieren und wiederfinden zu müssen. Eine Aufgabenliste zu führen und sie akribisch abzuarbeiten, bedeutet Struktur zu haben - oder sich zumindest darum zu bemühen. 

Diogenes wollte nur Sonne und Ruhe

Extreme gibt es natürlich wie überall. Den Pedanten, der seine Aufgaben farbig nach dringlichkeit ordnet, mehrfach umsortiert und jedesmal Notizen anfertigt, so dass er dafür mehr Zeit benötigt, als für die Erledigung der Aufgaben. Oder den Verschieber, der immer wieder neue Fälligkeitstermine setzt, um Aufgaben nicht sofort erledigen zu müssen. Und natürlich den Chaoten, der seine Aufgaben vergisst, verlegt, verschlampt, um sich darüber zu freuen, keine Aufgaben zu haben.

Angeblich verlangte Diogenes von Alexander dem Großen, aus der Sonne zu gehen, als der ihm eine Gunst erweisen wollte. Der Philsosoph brauchte kein Hab und Gut. Er wählte die Einfachheit. Ähnlich lässt sich möglicherweise das Dilemma mit der Aufgabenvielfalt lösen. Wieviele Aufgaben sind wirklich notwendig? Bestimmt nicht die, denen wiederholt ein neues Fälligkeitsdatum zugewiesen wird. 

Manche Aufgaben erledigen sich von allein

Es ist an der Zeit, Aufgaben neu zu sortieren. Wie wäre es damit: Aufgaben, die Freude bereiten. Aufgaben, die unbedingt sein müssen. Aufgaben, denen ich besser aus dem Weg gehe. Aufgaben, die sich von allein erledigen.

Einen Versuch ist es allemal wert. Und ja, es gibt Aufgaben, die sich von allein erledigen. Zum Beispiel kann jemand stundenlang nach einem Gegenstand suchen. Er kann aber auch einfach abwarten. Meist findet sich das Ding durch Zufall von selbst wieder an. Sogar mit Schlüsseln hat das schon funktioniert.

Fehler müssen nicht sein

Nehmen wir uns also ein Beispiel an der Haltung von Diogenes und erledigen in Zukunft, was wir in Ruhe erledigen können. Alles andere hat meist Zeit bis zum nächsten Tag. Dafür gibt es noch ein starkes Argument: Je verkrampfter wir an eine Sache herangehen, dessto schwerer fällt uns die Aufgabe. Dadurch dauert sie länger, wir werden ungeduldig und es passieren Fehler. Das muss nicht sein! 

Zurück zur Eingangsfrage, ob wir von Jahr zu Jahr mehr Aufgaben abarbeiten müssen. Das ist ein rein subjektives Gefühl, dem wir entgegentreten können, indem wir in Zukunft mehr Freude an der Erledigung unserer Aufgaben haben. Denn wenn wir es kaum erwarten können, endlich an die nächste Aufgabe zu gehen, werden wir Vielfalt nicht als unangenehm, sondern als Bereicherung empfinden.

Freitag, 9. Juni 2023

Wandel aktiv mitgestalten

der Einfluss von KI kann zu einem uniformen, gleichförmigen Leben der Menschen führen
Wandel ist ein seltsames Phänomen. In den meisten Fällen geschieht er still und leise. Er kommt sozusagen auf Samtpfoten daher. Wer hat schon den Aufstieg von Covenience-Food bewusst wahrgenommen? Doch auf einmal gibt es fertig zubereitete und in sehr viel Plastik verpackte Nahrung in Hülle und Fülle: Von Salaten über Sandwiches bis zu ganzes Menüs. Völlig irre, könnte man meinen, aber das Angebot wird fleißig angenommen - inklusive Holzlöffel oder Plastikbesteck.

KI wird den Alltag der Menschen steuern

So war es auch beim Internet. Am Anfang ein abstraktes und kompliziertes Gebilde für Nerds, dann Spielwiese für experimentierfreudige Hobbyuser und schließlich ein Massenphänomen, um das niemand herumkommt. Der Gewöhnungsprozess dauerte vielleicht zwei Jahrzehnte und als das Web schließlich alles Haushalte erreichte, war es schon selbstverständlich.

Mit dem derzeit gehypten Thema "Künstliche Intelligenz" (KI), wird es den Menschen nicht anders ergehen. Gerade wurde die Experimentierphase erreicht. Viele stürzen sich auf neue Anwendungen und probieren aus, wie sie KI nutzen können. In der Masse ist sie aber bisher nicht angekommen. Das wird erst passieren, wenn die Anwendung einfacher wird und in den Alltag zu integrieren ist. Wie "Alexa" bereits in vielen Haushalten Einzug gehalten hat, wird irgendwann KI den Alltag der Menschen steuern und sie werden es für selbstverständlich halten.

Kleine Start-uos gestalteten das Internet

Die Frage, die sich daraus ableitet, ist nicht: Wann wird das passieren? Sie lautet vielmehr: Was sagt das über uns aus? Wir akzeptieren den Wandel, wenn er uns erreicht, aber wir gestalten ihn nicht. 

Viele werden jetzt möglicherweise denken: Wieso, wir infomieren uns doch, lesen Artikel, diskutieren sogar mit unseren Freunden, testen die neuen KI's. Das ist genau, was die Hobbyuser in der Anfangszeit des Internet getan haben. Gestaltet haben andere: Kleine Start-ups, die heute Konzerne sind, Unternehmen, die Werbemögichkeiten erkannt haben. Die Politik hat den Anschluss verloren - auch, weil die Masse sich hat mitreißen lassen und niemand die großen Chancen für eine globale Demokratisierung der Welt rechtzeitig erkannt hat. 

Wird das beim nächsten großen Zukunftsthema "KI" genauso passieren? Im Moment sieht es ganz danach aus. Die Hobbyuser füttern die KI's derzeit unentgeltlich mit beträchlichen Datenmengen und verbessern sie damit. Über Nutzen und Gefahren wird zwar lamentiert, aber federführend und lenkend sind wieder Unternehmen, die nach Gewinnmaximierung streben. Sie gestalten derzeit als einizge den Einsatz von KI. Aus der Vergangenheit lässt sich lernen: Ihre Absichten sind dabei nicht unbedingt philanthropisch. 

Revolutionäre Gedanken

Es wird also Zeit, Demokratie ernst zu nehmen und den Wandel, der unzweifelhaft kommen wird, aktiv mitzugestalten. Philosophie kann dazu beitragen, indem sie einen gedanklichen Rahmen für die moderne Zeit erschafft, der auch Begrifflichkeiten definiert und Forderungen formuliert. Denn Philosophen stehen mit beiden Füßen fest in ihrer Zeit und sollten sich mit ihren Bedingungen auseinandersetzen. Wie es zum Beispiel Hegel getan hat, als er Freiheit neu verstand und auf die politische Teilhabe der Bürger abhob. Zu seiner Zeit ein unerhörter, revolutionärer Gedanke.

Wie sehen die revolutionären Gedanken heute aus? Sind wir überhaupt noch in der Lage, über den Tellerrand unseres Wohlstands hinwegzuschauen? Oder lassen wir mit uns einfach Wandel geschehen? Gestalten die Menschen ihren Umgang mit KI oder gestaltet KI unser Leben?

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