Sonntag, 11. Juni 2023

Gelebte Serendipity

Die eigene Welt fest gestalterisch im Blick, ergänzt durch Serendipity
Philosophieren live - beim allerersten Treffen flogen die Gedanken schon auf eine sehr weite gedankliche Reise. Das Thema "Serendipity" bot dazu den interessanten Ausgangspunkt. Was letztendlich ein glücklicher Zufall war - also das perfekte Beispiel für Serendipity. 

Die Frage, die sich sehr schnell stellte, lautete: Ist künstliche Intelligenz (KI) in der Lage, einen Fall von Serendipity zu erkennen? Eine Antwort gab es darauf noch nicht, aber die Idee, beim nächsten Treffen die Probe aufs Exempel zu machen und KI in das philosophische Gespräch einzubeziehen. Die Skeptiker überwiegen, aber alle Teilnehmer zeigten sich offen für den Versuch.

Das Herausragende des Abends war die allgemeine Offenheit für die Gedankenwelt anderer und damit die Erweiterung des eigenen Horizonts. Am Ende waren sich alle einig: Es wird weitergehen. Das nächste Treffen findet schon in einem Monat statt. Auf die Gespräche darf man schon jetzt gespannt sein.

Jeder kann sich beteiligen

Alle Leserinnen und Leser dieses Blogs sind aufgerufen, philosophische Gespräche in ihrer Nähe zu führen. Einzige Bitte: Bereichtet darüber hier auf "Abenteuer Philosophie", damit die philosophischen Gespräche zu einer großen Community wachsen können. Je mehr sich daran beteiligen, desto größer wird die Themenvielfalt. 

Ich freue mich auf viele spannende Beiträge!

Freitag, 9. Juni 2023

Wandel aktiv mitgestalten

der Einfluss von KI kann zu einem uniformen, gleichförmigen Leben der Menschen führen
Wandel ist ein seltsames Phänomen. In den meisten Fällen geschieht er still und leise. Er kommt sozusagen auf Samtpfoten daher. Wer hat schon den Aufstieg von Covenience-Food bewusst wahrgenommen? Doch auf einmal gibt es fertig zubereitete und in sehr viel Plastik verpackte Nahrung in Hülle und Fülle: Von Salaten über Sandwiches bis zu ganzes Menüs. Völlig irre, könnte man meinen, aber das Angebot wird fleißig angenommen - inklusive Holzlöffel oder Plastikbesteck.

KI wird den Alltag der Menschen steuern

So war es auch beim Internet. Am Anfang ein abstraktes und kompliziertes Gebilde für Nerds, dann Spielwiese für experimentierfreudige Hobbyuser und schließlich ein Massenphänomen, um das niemand herumkommt. Der Gewöhnungsprozess dauerte vielleicht zwei Jahrzehnte und als das Web schließlich alles Haushalte erreichte, war es schon selbstverständlich.

Mit dem derzeit gehypten Thema "Künstliche Intelligenz" (KI), wird es den Menschen nicht anders ergehen. Gerade wurde die Experimentierphase erreicht. Viele stürzen sich auf neue Anwendungen und probieren aus, wie sie KI nutzen können. In der Masse ist sie aber bisher nicht angekommen. Das wird erst passieren, wenn die Anwendung einfacher wird und in den Alltag zu integrieren ist. Wie "Alexa" bereits in vielen Haushalten Einzug gehalten hat, wird irgendwann KI den Alltag der Menschen steuern und sie werden es für selbstverständlich halten.

Kleine Start-uos gestalteten das Internet

Die Frage, die sich daraus ableitet, ist nicht: Wann wird das passieren? Sie lautet vielmehr: Was sagt das über uns aus? Wir akzeptieren den Wandel, wenn er uns erreicht, aber wir gestalten ihn nicht. 

Viele werden jetzt möglicherweise denken: Wieso, wir infomieren uns doch, lesen Artikel, diskutieren sogar mit unseren Freunden, testen die neuen KI's. Das ist genau, was die Hobbyuser in der Anfangszeit des Internet getan haben. Gestaltet haben andere: Kleine Start-ups, die heute Konzerne sind, Unternehmen, die Werbemögichkeiten erkannt haben. Die Politik hat den Anschluss verloren - auch, weil die Masse sich hat mitreißen lassen und niemand die großen Chancen für eine globale Demokratisierung der Welt rechtzeitig erkannt hat. 

Wird das beim nächsten großen Zukunftsthema "KI" genauso passieren? Im Moment sieht es ganz danach aus. Die Hobbyuser füttern die KI's derzeit unentgeltlich mit beträchlichen Datenmengen und verbessern sie damit. Über Nutzen und Gefahren wird zwar lamentiert, aber federführend und lenkend sind wieder Unternehmen, die nach Gewinnmaximierung streben. Sie gestalten derzeit als einizge den Einsatz von KI. Aus der Vergangenheit lässt sich lernen: Ihre Absichten sind dabei nicht unbedingt philanthropisch. 

Revolutionäre Gedanken

Es wird also Zeit, Demokratie ernst zu nehmen und den Wandel, der unzweifelhaft kommen wird, aktiv mitzugestalten. Philosophie kann dazu beitragen, indem sie einen gedanklichen Rahmen für die moderne Zeit erschafft, der auch Begrifflichkeiten definiert und Forderungen formuliert. Denn Philosophen stehen mit beiden Füßen fest in ihrer Zeit und sollten sich mit ihren Bedingungen auseinandersetzen. Wie es zum Beispiel Hegel getan hat, als er Freiheit neu verstand und auf die politische Teilhabe der Bürger abhob. Zu seiner Zeit ein unerhörter, revolutionärer Gedanke.

Wie sehen die revolutionären Gedanken heute aus? Sind wir überhaupt noch in der Lage, über den Tellerrand unseres Wohlstands hinwegzuschauen? Oder lassen wir mit uns einfach Wandel geschehen? Gestalten die Menschen ihren Umgang mit KI oder gestaltet KI unser Leben?

Diskutieren Sie mit und hinterlassen Sie Ihre Gedanken als Kommentar!

Samstag, 3. Juni 2023

Ein Quadratmeter Grün

Kleine Pflanzen sind ein großes Versprechen an die Zukunft
Der philosophische Ansatz ist oft ein skeptischer Blick auf die Gesellschaft. Zurecht, vieles läuft - milde ausgedrückt - nicht optimal. Das schließt aber nicht aus, das Gute zu sehen, da, wo es gelegentlich aufblitzt. Denn auch das gibt Raum für den einen oder anderen philosophischen Gedanken.

Wildblumen als Zeichen und Symbol

Zum Beispiel hat "Die Zeit" vor ein paar Wochen eine Aktion gestartet, die in ihrem Pragmatismus aufhorchen lässt. Der Ausgabe vom 4. Mai 2023 lag ein Tütchen mit Blumensamen bei. Ein Expertenteam hat 25 verschiedene Pflanzenarten pro Tütchen ausgewählt. Sie sollen auf einem Quadratmeter den größten Nutzen für die Artenvielfalt bringen. Denn darum geht es bei der Aktion: Einen Quadratmeter zu bepflanzen, um die Welt bunter, vor allem aber insektenfreundlicher zu machen. Toll! Am 6. Mai waren die Samen schon in der Erde. Eine Woche später keimten sie bereits.

Keine große Sache, könnte man meinen. Aber irgendwie doch. Zum einen macht es einfach Freude, die Pflanzen wachsen zu sehen. Der viel größere Nutzen besteht jedoch darin, tausende von Quadratmetern mit Widblumen zu begrünen. Das ist weitaus mehr als aktiver Umweltschutz. Es ist ein Zeichen, ein Symbol.

Dafür müssen allerdings die Leser der Zeitung und vielleicht ein paar ihrer Bekannten mitmachen. Leider ist das nicht jedermanns Sache. Bei manchen ist die gute Absicht noch nicht umgesetzt und das Tütchen liegt ungenutzt im Regal. Andere wollen ihren gepflegten Garten nicht mit "diesem Unkraut" verunstalten. Dritte finden solche Aktionen von vornherein blöd.

Es ist die Frage nach Veränderung

An diesem Punkt beginnt die philosophische Auseinandersetzung mit der Idee. Was, zum Beispiel, lässt sich bewirken - oder ist alles sowieso vergebens? 

Sicher kann niemand leugnen, dass es immer weniger Insekten gibt. Jedenfalls klatscht beim Autofahren kaum noch ein Insekt an die Windschtuzscheibe. Früher war das anders. Daraus ist unmittelbar abzuleiten, dass es heute sehr viel weniger Insekten gibt. Also wäre es doch gut, dazu beizutragen, dass sich Insekten wieder ausbreiten. Unbestritten sind sie für die Natur wichtig - und damit auch für uns Menschen.

Aber. Immer gibt es ein Aber. Natürlich lässt sich auch das Insektensterben leugnen, beziehungsweise die Schuld daran irgendwelchen Konzernen geben. Das ist weit genug weg, um nicht selbst aktiv werden zu müssen. Es reicht gerade noch für eine Klage: Ach ja, da kann ein einzelner Mensch leider nichts ausrichten.

Kann er doch. Beispielsweise einen Quadratmeter Wildblumen pflanzen. Aber, ist zu hören, dafür habe ich keinen Platz mehr in meinem Garten / auf meinem Balkon / auf meiner Terrasse / am Fenstersims.... 

Sokrates ging in Athen über den Markt und stellte Fragen. Unangenehm müssen diese Fragen seinen Mitmenschen gewesen sein, denn sonst wäre er sicher nicht zum Tod verurteilt worden. Heute muss die Frage schlicht lauten: Warum veränderst du nichts? Was soll ich verändern? wird der eine oder andere zurückfragen. Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: Besitze weniger Dinge.

Über den Quadratmeter hinausdenken

Noch bis in das 19. Jahrhundert hinein besaßen die Menschen durchschnittlich nur ein paar hundert Dinge in ihrem Leben. Inzwischen erreichen die Besitztümer jedes einzelnen Menschen die Millionengrenze. Jeden Stift, jedes Schnürband, jede Batterie und jedes kleine Spielzeug mitgerechnet. Wir sollten uns heutzutage also weniger Gedanken um das machen, was wir nicht haben, sondern um das, was wir haben. Damit könnte jeder Einzelne bereits großte Mengen an Rohstoffen und schädlichen Abgasen einsparen. In den meisten Fällen sogar, ohne sich sonderlich einschränken zu müssen. 

Das Problem ist, dass viele Menschen Angst vor Veränderung haben. Dabei können Veränderungen das Leben bereichern. Es müssen ja nicht gleich die ganz großen Veränderungen sein. Manchmal genügt es schon, einen Qudratmeter Wildblumen zu pflanzen. Das verändert den eigenen Garten, den Balkon oder die Terrasse. Es verändert aber auch den Blick auf die Welt. Denn wer die Blumen wachsen sieht, achtet darauf, wo sonst noch Blumen wachsen - oder weshalb keine wachsen. Wer bereit ist, einen Quadratmeter seines Gartens für ein paar Blumen (und Insekten) umzugestalten, bleibt dabei vermutlich nicht stehen.

Das Leben kann simpel funktionieren

Das ist die eigentliche Leistung der Zeit-Aktion: Sie bringt manche Menschen vielleicht dazu, über den einen Quadratmeter hinauszudenken. Manche gestalten wahrscheinlich ihren Garten komplett um. Andere beginnen, sich irgendwo zu engagieren oder kommen über den Gartenzaun hinweg miteinander ins Gespräch, um festzustellen, dass sie zusammen schon zwei Quadratmeter gestalten.

Das klingt banal und auch ein wenig naiv. Ist es aber nicht. Viele Menschen haben verlernt, sich an den einfachen Dingen zu erfreuen und mit kleinen Schritten anzufangen. Ein Quadratmeter Wiesenblumen sind mehr, als kein Quadratmeter. Simpel.

Leider vergessen wir oft, dass unser Leben genauso simpel funktionieren kann. Veränderung heißt auch, nicht alles unnötig zu verkomplizieren. Halten wir es also einfach und pflanzen in aller Bescheidenheit einen Quadratmeter Wiesenblumen.